Pkw-Engpässe spielen Auto-Abo-Anbietern in die Karten

München – Für Anbieter von Auto-Abos bleibt Deutschland ein interessanter Zielmarkt mit einem aufgeschlossenen Publikum. Fast jede und jeder Dritte könnte sich laut einer repräsentativen Umfrage der Strategieberatung Oliver Wyman vorstellen, den Privatwagen langfristig zu mieten, anstatt ihn zu kaufen. Im noch jungen Geschäft mit Auto-Abos müssen die Dienstleister allerdings diverse Erwartungen in Einklang bringen. Am wichtigsten ist laut Studie die schnelle Lieferung des neuen Wunschfahrzeugs. Viele Interessenten möchten zudem den gesamten Bestellprozess bequem online abwickeln. Auch als attraktive Einstiegsoption in die Elektromobilität wird das Auto-Abo laut Erhebung häufig in Betracht gezogen. 

Was hilft gegen die aktuellen Lieferengpässe beim Autokauf? Für immer mehr Menschen in Deutschland lautet die Antwort: ein Auto-Abo. Das Vermeiden von Wartezeiten ist das meistgenannte Kriterium, wenn Pkw-Fahrer hierzulande einen Umstieg auf solch ein langfristiges Mietmodell erwägen. 29 Prozent der Interessenten hoffen laut einer repräsentativen Umfrage der Strategieberatung Oliver Wyman, mit einem Auto-Abo schneller an ihr Wunschfahrzeug zu kommen. „Die schnelle Verfügbarkeit hat angesichts der Knappheit von Computerchips und anderen Fahrzeugkomponenten stark an Bedeutung gewonnen“, erläutert Joachim Deinlein, Partner in der Automotive Practice Group. „Zwar sind auch Abo-Anbieter vom aktuellen Mangel an Fahrzeugen betroffen, doch die Kunden spüren davon wenig. Einige Hersteller haben bereits Überkapazitäten oder wählen bewusst die Abo-Variante zum Fahrzeugabsatz. Zugleich normalisiert sich der Fahrzeugmarkt und der Vorteil der schnellen Verfügbarkeit nimmt an Bedeutung ab.“ Weitere zugkräftige Argumente hängen laut Studie mit den Service-Angeboten der Anbieter zusammen: 23 Prozent der Interessenten legen besonderen Wert darauf, dass sie ihr Fahrzeug bei Bedarf zurückgeben können. 27 Prozent wünschen sich eine Versicherung, die nach Ende der Nutzungsdauer mögliche Schäden übernimmt. 

Anders als beim Kauf eines Pkw fällt bei Auto-Abos nur eine monatliche Zahlung an – zudem können die Verträge kurzfristig gekündigt werden. Solche Flexibilität sieht Deinlein als zunehmend wichtigen Verkaufsfaktor: „In Zeiten einer wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheit und von stärkeren Belastungen von Haushalten etwa durch die Energiekrise können Auto-Abos finanzielle Risiken und Abhängigkeiten verringern.“ Deinlein ist überzeugt: „Auto-Abos haben das Potenzial, ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell für den Mobilitätssektor zu werden.“ Ein starkes Indiz ist die hohe Kundenbindung: 80 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer bleiben nach Oliver Wyman-Erkenntnissen dem Abo-Modell treu. Die hohe Bindung an das Abo-Modell ist von zentraler Bedeutung, da sich bereits eine kurz- bis mittelfristige Normalisierung des Fahrzeugangebots abzeichnet. Das aktuell wichtigste Kriterium der kurzfristigen Verfügbarkeit dürfte somit zunehmend an Relevanz verlieren. Für Auto-Abo-Anbieter wird es daher künftig noch wichtiger, über ein wettbewerbsfähiges Angebot zu verfügen und die Kunden von den langfristigen Vorteilen zu überzeugen. 

Neben Start-ups und spezialisierten Dienstleistern mischen auch Autohersteller mit – darunter der deutsche Marktführer Volkswagen. Ein weiteres Werbeversprechen vieler Anbieter lässt die Interessenten dagegen weitgehend kalt: Selbst monatlich können die Modelle gewechselt werden. „Tatsächlich fahren Nutzerinnen und Nutzer die gemieteten Modelle im Schnitt zwölf bis 18 Monate, bevor sie sie tauschen“, sagt Deinlein.

Aufklärungsarbeit steht an

Die Erhebung von Oliver Wyman belegt aber auch, dass die Einführung des Abo-Modells kein Selbstläufer ist. Das Interesse in Deutschland liegt laut Studie seit mehr als drei Jahren nahezu unverändert bei etwa einem Drittel der Bevölkerung. Mit den gegenwärtig 29 Prozent Interessierten liegt der Wert zwar höher als in den USA, wo 22 Prozent einen Umstieg in Betracht ziehen, doch Steffen Rilling, Principal in der Automotive Practice Group von Oliver Wyman, sieht das Potenzial längst nicht ausgeschöpft: „Die Anbieter müssen Aufklärungsarbeit leisten, um die breite Masse zu erreichen“, sagt er. Denn jeder zweite Interessent in Deutschland wusste vor der Befragung nicht, dass es Abo-Modelle für private Fahrzeuge gibt.

Als Stärke vieler Dienstleister sieht er, dass sie den gesamten Bestellprozess online abwickeln können. „Ein Auto-Abo abzuschließen, ist dann fast so einfach wie ein Online-Einkauf.“ 16 Prozent der Befragten mit Interesse nennen dies sogar als wichtigsten Grund, um ein Mietangebot wahrzunehmen. Erstaunlich egal ist den meisten, ob sie einen Neuwagen bekommen: Nur jeder Fünfte möchte in ein fabrikneues Auto steigen, dem Rest genügt auch ein Gebrauchtwagen.

Fokus auf E-Mobilität

Auch für den risikoarmen Einstieg in die Elektromobilität eignen sich die Abos sehr gut, bestätigt Steffen Rilling. „Das Mietmodell ist eine gute Möglichkeit zu testen, ob E-Autos zum persönlichen Mobilitätsverhalten passen.“ Ebenfalls 16 Prozent der Auto-Abo-Interessierten sehen im elektrischen Antrieb ihr wichtigstes Umstiegskriterium. Der Trend spiegelt sich im Markt wider: So wuchs beim Auto-Abo-Anbieter Fleetpool in den vergangenen Jahren der E-Auto-Anteil doppelt so stark wie beim Fahrzeugabsatz in Deutschland generell. Auch Volkswagen setzt bei seinem Abo-Modell auf elektrische Antriebe. Allerdings droht nun Gegenwind, denn die Bundesregierung hat die E-Auto-Kaufprämien im Januar gekürzt und beschränkt sie ab September auf Privatpersonen. „Die Kaufpreise könnten damit steigen und so den Aufschwung bei E-Autos zumindest kurzfristig etwas bremsen“, sagt Rilling.

Auf Anbieterseite tut sich indes eine Menge, um Abos auch in Deutschland massenmarkttauglich zu machen. So vertreibt das österreichische Unternehmen Ocay seine Auto-Abos hierzulande neuerdings gemeinsam mit dem Kaffeeröster Tchibo. Der chinesische Hersteller Nio nimmt nach seinem Marktstart in Norwegen auch Deutschland und drei weitere europäische Länder ins Visier. Dabei konnten die E-Autos zunächst nur per Abo genutzt werden, erst später ließ Nio auch deren Kauf zu. „Das zeigt die Bedeutung von Miet-Modellen“, sagt Rilling. 

Über die Studie 

Die Strategieberatung Oliver Wyman hat für ihre Ende 2022 durchgeführte Studie zu Auto-Abos 2.000 Personen in Deutschland und in den Vereinigten Staaten befragt. Ihnen wurden jeweils zehn Fragen zu ihrem Interesse und ihren Erwartungen an Auto-Abos gestellt.

Über Oliver Wyman

Oliver Wyman ist eine international führende Strategieberatung mit weltweit über 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in mehr als 70 Städten in 30 Ländern. Wir verbinden ausgeprägte Branchenexpertise mit hoher Methodenkompetenz bei Digitalisierung, Strategieentwicklung, Risikomanagement, Operations und Transformation. Wir schaffen einen Mehrwert für den Kunden, der seine Investitionen um ein Vielfaches übertrifft. Oliver Wyman ist ein Unternehmen von Marsh McLennan (NYSE: MMC). Unsere Finanzstärke ist die Basis für Stabilität, Wachstum und Innovationskraft. Weitere Informationen finden Sie unter www.oliverwyman.de. Folgen Sie Oliver Wyman auf LinkedInTwitterFacebook und Instagram.

Pressekontakt
Oliver Wyman GmbH
Daniel Hardt
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